23.12.2008
Menschenrechte in der Westsahara

Marokko verletzt weiterhin systematisch Menschenrechte in der Westsahara. Dies geht aus einem detaillierten Bericht hervor, der in der vergangenen Woche von Human Rights Watch veröffentlicht wurde. Darin untersucht HRW die Menschenrechtslage in der von Marokko verwalteten Westsahara sowie in saharischen Flüchtlingslagern auf algerischem Boden, die von der Befreiungsfront für Westsahara, der Polisario, kontrolliert werden.

Systematisch unterdrückt der marokkanische Staat sämtliche Stimmen, die sich für das Selbstbestimmungsrecht des sahrawischen Volkes starkmachen. Das Recht auf freie Meinungsäußerung wird zu diesem Zwecke ebenso verletzt, wie das Versammlungs- und Vereinigungsrecht. Willkürliche Verhaftungen und unfaire Prozesse gegen Vertreter der Unabhängigkeitsbewegung sind an der Tagesordnung.
In den Flüchtlingslagern im algerischen Tindouf wiederum ist die Polisario bestrebt ihren Alleinvertretungsanspruch für das sahrawische Volk zu bewahren. Kritische und oppositionelle Stimmen innerhalb der Flüchtlingsgemeinschaft werden marginalisiert. Dies geschieht eher durch sozialen Druck als durch Festnahmen, so HRW.
Die Menschenrechtler konstatieren, dass die Stärkung der Menschenrechte durch den marokkanischen Staat in den letzten 15 Jahren vor der Westsahara-Frage halt gemacht hat. Jegliche Kritik am Vorgehen der Regierung in den "südlichen Provinzen", wie das 1975 von Rabat annektierte Westsahara offiziell heißt ist verboten und wird verfolgt. 
Jeder Vorschlag, der etwa ein Referendum über den zukünftigen Status des Wüstengebiets vorsieht, wird von den Behörden als Angriff auf Marokkos territoriale Integrität betrachtet. Stellt man diese infrage übertritt man eine der "drei roten Linien" in der marokkanischen Verfassung - die anderen beiden sind Kritik an der Königsfamilie und dem Islam.
Doch selbst wenn die entsprechenden Gesetze geändert werden sollten, zeige der marokkanische Staat keinen Willen, jene zur Verantwortung zu ziehen, die sich Übergriffen und Menschenrechtsverletzungen gegen Zivilisten in der Westsahara schuldig gemacht haben, kritisiert HRW. Inhaftierte Sahrawis hätten immer wieder die selben Namen von Polizeioffizieren genannt, die für Misshandlungen verantwortlich seien, dafür aber nie zur Rechenschaft gezogen würden.
Zwar gebe es punktuelle Verbesserungen - etwa größere Bewegungsfreiheit und kürzere Haftstrafen für Unabhängigkeitsaktivisten  - gleichwohl bleibe die Lage in der Westsahara alles in allem unbefriedigend.
Das Leben der 125000 Flüchtlinge in der algerischen Tindouf-Region wird seit mehr als 30 Jahren von der Polisario - der Unabhängigkeitsbewegung für die Westsahara bestimmt. Die Menschen leben in der Wüste weitgehend isoliert und sind nahe zu vollkommen von internationaler Hilfe abhängig. Der algerische Staat, der die Polisario unterstützt, hat sich aus diesem Gebiet praktisch vollkommen zurückgezogen.
Kritik an der Polisario und ihrer Verwaltung der Flüchtlingscamps ist zugelassen und durchaus üblich. Politische Verhaftungen seien sehr selten, konstatiert HRW. Gleichwohl monopolisiere die Polisario politische Aktivitäten und sei bestrebt konkurrierende Bewegungen auszuschalten.
Außerdem missbillige die Polisario die Rückkehr von Flüchtlingen die gewillt sind, in die von Marokko verwaltete Westsahara zurückzukehren. Sahrawis, die diesen Schritt dennoch wagen, seien gut beraten dies bis zu ihrer Abreise aus Tindouf geheim zu halten.