01.08.2017
Israel und die Golan-Drusen: 50 Jahre Provisorium
Im Februar 2011 konnten die Drusen noch ihre Äpfel über den Grenzübergang Quneitra nach Syrien exportieren. Diese drei Männer in traditioneller drusischer Kleidung beobachten die Lkw, die ins Nachbarland fahren. Foto: Israel Defense Forces/wikicommons (cc-by 2.0)
Im Februar 2011 konnten die Drusen noch ihre Äpfel über den Grenzübergang Quneitra nach Syrien exportieren. Diese drei Männer in traditioneller drusischer Kleidung beobachten die Lkw, die ins Nachbarland fahren. Foto: Israel Defense Forces/wikicommons (cc-by 2.0)

Mit den Golanhöhen eroberte Israel 1967 auch fünf drusische Dörfer. Die meisten der Golan-Drusen haben die israelische Staatsbürgerschaft trotz erheblichem Druck nicht angenommen. Sie leben seit 50 Jahren in einem Provisorium, halten Kontakt nach Syrien und protestieren gegen die Besatzung. Der Bürgerkrieg im Nachbarland ändert ihre Situation nun aber grundlegend.

Dieser Text ist Teil einer Serie zum Krieg von 1967. Alle Beiträge der Serie findet Ihr hier

Vor dem Krieg im Juni 1967 hatten die Golan-Druseni nie eine große Rolle in den strategischen Überlegungen der damaligen politischen Eliten Israels gespielt. Die Drusen innerhalb der israelischen Grenzen waren zu diesem Zeitpunkt bereits erfolgreich kooptiert und leisteten seit den 1950er Jahren als einzige nicht-jüdische Bevölkerungsgruppe verpflichtend den Wehrdienst ab. Eher interessierte sich die israelische Führung für die Drusen im südsyrischen Jabal al-Druz, die bis heute mit Abstand zahlenmäßig größte drusische Bevölkerung im Nahen Osten – mehr als im Libanon oder Israel insgesamt.ii Von dort war Mitte der 1920er-Jahre eine zweijährige Revolte ausgegangen, die die französische Kolonialmacht an den Rand einer Niederlage in Syrien gebracht hatte. Später waren es neben Alawiten auch besonders drusische Militärs, die die Machtübernahme des militärischen Zweiges der Baath-Partei in Syrien ermöglichten. Aber erst 1966, ein Jahr vor dem Juni-Krieg, versuchten drusische Offiziere aus dem Jabal al-Druz erfolglos, gegen die alawitische Führung zu putschen. Kurzum, die Drusen im Jabal al-Druz waren 1967 durchaus als möglicher Faktor in Teilen der israelischen Regierung, zum Beispiel bei Vizepremier Yigal Allon, präsent.

Mit den Drusen auf den Golanhöhen (korrekt müsste es heißen: den Golanhöhen und dem Hermon) hatten die Israelis vor 1967 nicht viele Berührungspunkte gehabt. Die relativ kleinen Dörfer in großer Höhe waren eine vernachlässigbare Größe. Außerdem machten die Drusen stets nur einen kleinen Teil der Bevölkerung an der israelisch-syrischen Waffenstillstandslinie aus. Die überwiegende Mehrheit war arabisch-sunnitisch, mit (sunnitisch-)tscherkessischen und turkmenischen, christlichen, alawitischen sowie eben auch drusischen Minderheiten.

1967 änderte sich die Lage grundlegend. Mit dem durch Israel gewonnenen Territorium befanden sich nun fünf überwiegend bis ausschließlich von Drusen bewohnte syrische Dörfer unter israelischer Kontrolle. Die israelische Führung entschied, ähnlich wie 1948 in Israel selbst, die Drusen anders zu behandeln als den Rest der syrischen Bevölkerung. Die israelische Politik ging davon aus, dass die Drusen auf dem Golan eine ähnliche Loyalität dem Staat Israel gegenüber entwickeln würden, wie ihre Glaubensgenossen in Galiläa und auf dem Karmel. Die israelische Armee (IDF = Israeli Defence Forces) erlaubte nur den Bewohnern der drusischen Dörfer (Majdal Shams, Masaada, Buqaataa, ‘Ain Qinya und Shaita) sowie des alawitischen Dorfes Ghajar in ihrer Heimat zu bleiben, die nicht-drusische Mehrheit floh oder wurde vertrieben. Der Narrativ, dass nur die Drusen, aufgrund ihrer traditionellen Verbundenheit mit dem Land auf dem sie leben, in ihren Dörfern geblieben sind, erweist sich im Fall des Golan als unhaltbar. Auch Teile der nicht-drusischen Bevölkerung harrten während der Kriegsereignisse am Golan aus, wurden aber durch die IDF vertrieben.

Anders als in Israel selbst, wo alle drusischen Dörfer nach dem Unabhängigkeitskrieg 1948 fortbestanden, zerstörten die IDF nachträglich das drusische Dorf Shaita und konfiszierten dessen gesamtes Land. Die Bewohner wurden auf die anderen drusischen Dörfer des Golan aufgeteilt. Das Leben der Golan-Drusen unter israelischer Kontrolle verlief also von Beginn an nicht gerade reibungslos.

Versuche einer Integration

Nach der Besetzung durch die IDF wurde israelisches Recht auf dem besetzten Golan eingeführt und eine Militärverwaltung eingesetzt. Die Israelis setzten auch die unter syrischer Herrschaft gewählten Bürgermeister ab. In der Folge scheiterten die Versuche, Gemeinderäte einzurichten und die traditionellen Eliten zu kooptieren beziehungsweise neue, israelfreundliche Eliten einzusetzen. Lediglich weniger prominente Bewohner erklärten sich zur Zusammenarbeit mit den israelischen Behörden bereit.

Die Politik Israels versuchte aktiv, die Golan-Drusen in die israelische Gesellschaft zu integrieren, speziell in die drusische Gemeinschaft in Israel. Diese Bemühungen schlugen jedoch ebenfalls fehl. Die meisten Drusen auf dem Golan begriffen sich als Teil der syrischen Nation und des syrischen Staates. Anders als die Drusen in Israel sind die Drusen auf dem Golan nie isoliert gewesen, sondern waren Teil der viel größeren drusischen Gemeinschaft in Syrien, zu der auch heute noch fast jeder Golan-Druse Verwandte hat. Das Verhältnis mit den Drusen in Israel ist hingegen seit jeher eher kühl.

1972 hoben die israelischen Sicherheitskräfte mehrere Spionagezellen aus. Unter den Festgenommenen befand sich auch Kamal al-Kanj, damals einer der einflussreichsten Würdenträger unter den Golan-Drusen. Die Festnahme von al-Kanj stand in Zusammenhang mit dem Plan, einen drusischen Pufferstaat zu errichten. Der israelische Vizepremierminister Yigal Allon verfolgte diesen Plan mit großem Engagement. Der „Allon-Plan“ sah unter anderem eine drusische Republik vor, an die auch libanesische Gebiete und das südsyrische Jabal al-Druz angeschlossen werden sollten. Kamal al-Kanj, dessen Einstellung zu Israel schon 1948 nicht völlig klar gewesen war, sollte eine Schlüsselfigur bei der Umsetzung des „Allon-Plans“ sein. Er signalisierte nicht nur seine Zustimmung, sondern arbeitete auch aktiv mit Allon und dem israelischen Geheimdienst zusammen. Über einen Mittelsmann gab al-Kanj den „Allon-Plan“ aber an den libanesischen Drusenfüherer Kamal Junblat weiter, womit diese Option vom Tisch war. Es bleibt zweifelhaft, ob die israelische Regierung jemals ernsthaft einen drusischen Pufferstaat in Betracht gezogen hat.

Annexion und Widerstand

1977 gewann der Likud die Wahlen zur Knesset und Menachem Begin wurde der erste revisionistische, offen von einem Großisrael träumende, Premierminister Israels. Die neue Regierung verfolgte von Anfang an den Plan einer Annexion des Golan, am liebsten auf das Drängen der lokalen Bevölkerung hin. Den Willen, Teil des jüdischen Staates zu werden, sollten die Golan-Drusen bekunden, indem sie massenhaft die israelische Staatsbürgerschaft beantragten.

Im März 1981 berief die religiöse Führung der Golan-Drusen, auch auf Druck von politischen Aktivisten innerhalb der Gemeinschaft, eine Versammlung ein. Bei der Versammlung wurde beschlossen, einen sozialen und religiösen Bann über jedes Mitglied der Gemeinschaft zu verhängen, das die israelische Staatsbürgerschaft annimmt. In der Folge stoppten die Anträge auf die israelische Staatsbürgerschaft und diejenigen, die sie bereits gestellt hatten, zogen mehrheitlich ihre Anträge zurück.

Der besetzte Golan wurde am 14. Dezember 1981 per Gesetz annektiert, was einen dreitägigen Generalstreik der dortigen Drusen zur Folge hatte. Die Lage eskalierte endgültig im Februar 1982 nach der Festnahme von mindestens vier Führungspersönlichkeiten der Golan-Drusen. Daraufhin rief die Gruppe wieder einen Generalstreik aus – er sollte diesmal über fünf Monate dauern. Die israelische Regierung mit Verteidigungsminister Ariel Sharon reagierte mit einer Kollektivstrafe: Sie verhängte über die vier drusischen Dörfer eine totale Blockade. Für die Bevölkerung bedeutete die Blockade, dass es weder Transportmöglichkeiten, noch Nahrungsmittel- und Medikamentenlieferungen gab. Zusätzlich wurden die Dörfer von den Wasser- und Elektrizitätsleitungen abgeschnitten. Die IDF wollte auch den Austausch zwischen den Dörfern verhindern, was jedoch nicht vollständig gelang. Demonstrationen fanden während des Streiks häufig statt, wovon manche gewalttätig und sogar mit Todesopfern endeten.

Am 1. April 1982 erklärten die israelischen Behörden den Golan offiziell zum Sperrgebiet und verhängten eine Ausgangssperre rund um die Uhr. Israelische Soldaten gingen von Haus zu Haus und händigten israelische Personalausweise aus. Dieser Versuch, die Golan-Drusen zur Annahme der israelischen Staatsbürgerschaft zu zwingen, scheiterte spektakulär: Die Bewohner warfen die Personalausweise einfach kollektiv auf die Straße. Am 5. April 1982 zog sich die IDF wieder zurück und die Blockade wurde gelockert. Vom Vorhaben, die Golan-Drusen zur Annahme der Staatsbürgerschaft zu zwingen, sah die Regierung ab und stimmte einem Kompromiss zu: Die Mehrheit der Golan-Drusen von über 90 Prozent, die die Staatsbürgerschaft nicht angenommen hatte, wird von Israel seitdem als residents of Israel und nicht als Staatsbürger angesehen, vergleichbar mit der Situation der arabischen Bewohner von Ost-Jerusalem. Das Problem der Staatsbürgerschaft der Golan-Drusen blieb allerdings weiter ungeklärt. Teile des Kompromisses der Golan-Drusen mit der israelischen Regierung beinhalteten unter anderem, dass ihnen die Möglichkeit zu Reisen nach Syrien garantiert wurde, und dass ihr Landbesitz und die Wasserressourcen sichergestellt sind. Nicht immer hielt sich die israelische Seite an die vereinbarten Verpflichtungen.

Der Streik der Golan-Drusen war ein erfolgreicher Akt des weitgehend gewaltfreien Widerstands. Selbst als sich die Anführer in israelischer Haft befanden, brach der Widerstand nicht zusammen. Für den Erfolg ausschlaggebend war die Geschlossenheit der Gemeinschaft, wodurch sowohl die Solidarität als auch wirksame soziale Kontrollmechanismen aufrechterhalten wurden.

Modus Vivendi

Die drusischen Dörfer auf dem Golan leben traditionell von der Landwirtschaft, wobei besonders der Anbau von Äpfeln dominiert. Eine Ausnahmegenehmigung erlaubte es seit 2004, die jährliche Apfelernte direkt nach Syrien zu verkaufen, wo sie einen höheren Preis als auf dem israelischen Markt erzielt. Syrien konnte so mit Billigung Israels die Golan-Drusen wirtschaftlich unterstützen. Die israelische Regierung erlaubte Golan-Drusen außerdem selektiv, in Syrien zu studieren sowie das Land aus religiösen oder familiären Gründen zu besuchen. Export, Studienaufenthalte und Reisen trugen dazu bei, dass eine starke Bindung zu Syrien bestehen blieb.  

Den Widerstand gegen Israel drückten die Drusen überwiegend durch Demonstrationen aus, aber er blieb nicht ausschließlich friedlich. Mitte der 1980er Jahre bildeten sich Zellen von Saboteuren, die kleinere Anschläge auf israelische Militäreinrichtungen auf dem Golan verübten. In der jüngeren Vergangenheit haben israelische Sicherheitsbehörden Golan-Drusen unter dem Vorwurf der Spionage für ein feindliches Land sowie 2003 wegen der versuchten Entführung eines IDF-Soldaten nach Syrien verhaftet. Diese sporadischen Aktionen nahmen mit dem Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien ab, haben aber nicht aufgehört.

Die Beziehungen der Golan-Drusen zu den israelischen Drusen sind als distanziert zu bezeichnen, was sich besonders augenfällig darin ausdrückt, dass nur wenig untereinander geheiratet wird. Dieser Umstand sagt einiges über das schlechte Verhältnis der beiden Gemeinschaften zueinander aus, wenn man die traditionelle Endogamie der Drusen und die geringe Größe beider Gemeinschaften in Betracht zieht. Auf politischer Ebene werden Kontakte mit drusisch-israelischen Vertretern weitgehend vermieden, ansonsten haben die Golan-Drusen ihre eigene religiöse und politische Führung. Ein Austausch findet gelegentlich im Rahmen von Festen und religiösen Zeremonien statt.

Da der Staat Israel nur sehr wenig in Infrastruktur und Bildung für die Golan-Drusen investiert, werden solche Investitionen in Eigeninitiative finanziert und durchgeführt. Besonders indigene NGOs sind in diesem Bereich federführend. Wie groß das Ausmaß dieses Engagements im Bildungsbereich ist, lässt sich sehr gut im Vergleich mit den israelischen Drusen erkennen, wo das Bildungsniveau und die Qualität der Schulen lange als deutlich niedriger gegolten haben als auf dem Golan. Erst in den letzten Jahren hat das israelisch-drusische Bildungssystem in nationalen Vergleich aufgeholt. Die Errungenschaften der Golan-Drusen im Bildungsbereich, aber auch in wirtschaftlicher Hinsicht, werden von ihren Glaubensbrüdern in Israel oft mit einer gewissen Bewunderung zur Kenntnis genommen.

Neue Rahmenbedingungen seit 2011

Die Zukunft des Golan blieb lange ungewiss; seit 1991 verhandelten Israel und Syrien immer wieder – letztlich erfolglos – über ein Friedensabkommen. Um die Jahrtausendwende schienen die Verhandlungen sogar kurz vor dem Durchbruch zu stehen und scheiterten der Legende nach an einigen Dutzend Metern. Drusen spielen hierbei kaum eine Rolle, weder auf israelischer noch auf syrischer Seite.

Mit dem Bürgerkrieg in Syrien ab 2011 hat sich aber die Situation grundlegend verändert. Zunächst rückte durch das Chaos in Syrien ein Frieden mit Israel und eine Rückkehr der drusischen Dörfer unter syrische Kontrolle in weite Ferne. Diese Perspektive veranlasste die Regierung Netanyahu, ein großes Infrastrukturpaket für die drusischen Dörfer anzukündigen und Naftalli Bennett, Chef der nationalreligiösen Partei, rief die Golan-Drusen via Facebook sogar dazu auf, sich endlich für ein Zusammenleben mit den Israelis auszusprechen, denn „die Golanhöhen würden für immer israelisch bleiben“.

Auf der anderen Seite wird der Austausch mit der Heimat in Syrien, der schon seit den späten 1970er Jahren von den israelischen Behörden eingeschränkt geduldet wurde, immer schwieriger aufrechtzuerhalten. Die Pufferzone zwischen dem syrisch und dem israelisch kontrollierten Teil ist schon seit mehreren Jahren Kriegsgebiet und der von UNO-Friedenstruppen verwaltete Grenzübergang in Qunaitra geschlossen. Für die Golan-Drusen ist es unter diesen Umständen weder möglich, ihre Apfelernte zu exportieren, noch in Damaskus zu studieren.  

 Tobias Pietsch. Es ist zu früh, von einem Paradigmenwechsel zu sprechen, aber eine vorsichtige Annäherung zwischen Golandrusen und Israelis ist in den letzten Jahren zu beobachten. Foto: Tobias Pietsch.

 

Vor diesem Hintergrund steigen nun doch die Anträge von Golan-Drusen auf israelische Staatsbürgerschaft. Obwohl es kaum belastbare Zahlen gibt, scheint das Tabu einer israelischen Staatsbürgerschaft doch zu bröckeln. Vermutlich signifikanter als eine unbestimmte Anzahl von Anträgen auf die Staatsbürgerschaft ist die Tatsache, dass es erstmals seit Jahrzehnten Kontakt zwischen der religiösen Führung der Golan-Drusen und Vertretern der israelischen Regierung gab. Bisher hatten die Sheikhs, unter ihnen Taher Abu Saleh, der Sohn von Kamal al-Kanj, die Ablehnung Israels garantiert. Es ist zu früh, von einem Paradigmenwechsel der Golan-Drusen zu sprechen, doch einige Anzeichen sprechen für eine vorsichtige Annäherung an Israel.

Der Bürgerkrieg bedroht aber auch den Zusammenhalt der Golan-Drusen, bisher wohl die größte Stärke der Gemeinschaft im latenten Konflikt mit der Besatzungsmacht. Während die Mehrheit, wie auch die syrischen Drusen, das Damaszener Regime unterstützt, gibt es durchaus auch Segmente, die mit dem ursprünglichen Aufstand gegen die Diktatur sympathisieren. Dieser Gegensatz hat sogar zu gewaltsamen Ausschreitungen geführt, wobei zu den Gegnern Assads besonders junge Menschen gehören, die von der Brutalität des Regimes schockiert waren.

Ob sich die Golan-Drusen mehrheitlich dauerhaft an Israel annähern werden, bleibt fraglich. Zu stark ist nach wie vor die Unterstützung für das Regime und die Tradition des Widerstandes gegen die Besatzung. Hinzu kommen die „üblichen“ Probleme wie Landenteignungen aufgrund von Naturschutzgebieten oder das Verwehren von Baubewilligungen und der Abriss von „illegalen“ Häusern. Auch Israels Rolle im syrischen Bürgerkrieg birgt Konfliktpotenzial. Diskret, aber doch ganz offensichtlich unterstützt die israelische Regierung die teilweise von al-Qaida dominierten Rebellen entlang der Waffenstillstandslinie. Die drusischen Dörfer auf syrischer Seite sind hingegen regimetreue Enklaven und werden von denselben Rebellen bedroht. Dazu kommen noch Versuche des Assad-Regimes, mit der Unterstützung von Iran und Hisbollah auf der syrisch kontrollierten Seite drusische Zellen für militärische Aktionen gegen israelische Ziele entlang der Waffenstillstandslinie aufzubauen. Die meisten dieser Akteure, der bekannteste hiervon war der Libanese Samir Quntar, sind allerdings inzwischen durch israelische Luftangriffe gestorben.

Es gibt also viele Hindernisse für eine Annäherung der Golan-Drusen an Israel, dennoch ist es unbestreitbar, dass sich durch den Bürgerkrieg in Syrien die Grundlagen des Verhältnisses der Golan-Drusen zu Israel fundamental verändert haben. Das zukünftige Verhältnis der Golan-Drusen zu Israel bleibt freilich ungewiss und wird vom weiteren Kriegsverlauf in Syrien abhängen.

 

Anmerkungen:
i Die Drusen sind eine heterodoxe religiöse Minderheit, die sich im 11. Jahrhundert vom ismailitischen Islam abgespalten hat. Um sich vor Verfolgung zu schützen siedelten sie in den gebirgigen und peripheren Gegenden der historischen Region Großsyrien. Heute leben sie in den Staaten Syrien (nach Schätzungen bis zu 500.000), Libanon (geschätzt 250.000), Israel (Ende 2016 137.000 mit den Golan-Drusen), zu einem kleinen Teil in Jordanien sowie in der Diaspora.
 
ii Nach dem offiziellen Zensus von 2004 hatte die Provinz Suwaida eine Bevölkerung von 313.231, wobei diese Zahl aufgrund des Bevölkerungswachstums unterdessen weitaus höher liegen dürfte. In der Literatur wird für die Provinz Suwaida zumeist von einem Anteil der Drusen von bis zu 90% an den Einwohnern ausgegangen.  
 
Ebenfalls in dieser Serie erschienen:

Alsharq-Serie „1967: 50 Jahre danach.“ Eine Art Vorwort.

Die Vorgeschichte: Wie es 1967 zum Krieg zwischen Israel und seinen Nachbarn kam

Die Kampfhandlungen: Wie Israel 1967 seine Nachbarn überrumpelte

Der Kriegsbeginn 1967 in der Nahost-Presse: Euphorie überall

Fortsetzung der Presseschau: Stell Dir vor, es ist Kriegsende und kaum einer schreibt es

Die Folgen des Juni-Kriegs 1967,in Israel

1967: Wendepunkt für die arabische Linke – am Beispiel von Georges Tarabischi

Die Folgen von 1967 in Ägypten: Nach dem Krieg ist vor dem Krieg

Nasser und der Krieg 1967: Zwischen politischem Kalkül und Improvisation

Wenn über Erinnerungen Gras wächst – palästinensische Ruinen im Ayalon Canada Park.

Artikel von Tobias Lang