Seit zwei Wochen befindet sich ein sudanesischer Menschenrechtsaktivist in Beirut im Hungerstreik. Dr. Abdel Meneem will auf die rechtlosen Bedingungen verweisen unter denen vieler seiner Landsleute im Libanon leben. Misshandlungen durch Polizisten sollen gerichtlich verfolgt werden.
Die Nächte sind mild dieser Tage in Beirut, zumindest verglichen mit dem Hochsommer im August, doch Dr. Abdel Meneem Ibrahim ist zurzeit wohl jedes kühle Lüftchen recht. Denn der 54-jährige Menschenrechtsaktivist aus dem Sudan befindet sich seit 13 Tagen im Hungerstreik. Ein letztes Mittel um auf die prekären Lebenssituationen sudanesischer Flüchtlinge aufmerksam zu machen. Denn auch im Libanon suchen Menschen aus Afrika Zuflucht vor Krieg und Armut in ihrer Heimat. Rechtssicherheit finden sie im Nahen Osten dabei nicht.
Schikanen gegen Flüchtlinge an der Tageordnung
So sind Sudanesen regelmäßig den rassistischen Schikanen durch Polizisten ausgesetzt, welche von Beleidigungen die bis hin zu Misshandlungen reichen können. Eine rechtliche Verfolgung dieser Straftaten ist dabei nahezu ausgeschlossen. Dass sich die afrikanischen Flüchtlinge auch sonst auf die libanesischen Behörden nur schwer verlassen können, zeigt ein aktueller Fall. Denn zurzeit befinden sich nach Aussagen von libanesischen Menschenrechtsaktivisten mindestens 17 Sudanesische Flüchtlinge ohne Rechtsgrundlage in libanesischen Gefängnissen. Alle öffentlichen Proteste und Anfragen bei den Behörden liefen in Leere.
Was das Fass für Dr. Meneem zum Überlaufen brachte, war allerdings die Untätigkeit der sudanesischen Einrichtungen im Libanon: »Ich habe mich wiederholt bei der Botschaft über die Gefangenen erkundigt und um Hilfe gebeten. Getan hat sich nichts!«
Denn um die Beziehungen zum Gastland nicht zu gefährden, verzichtete die sudanesische Botschaft auf konsularische Betreuung und diplomatischen Einspruch. Selbst das sudanesische Kulturzentrum, dessen Direktor von der Botschaft ernannt wird, sah sich nach Meneems Aussage nicht in der Lage bei den libanesischen Behörden wenigstens nach dem Verbleib der eigenen Staatsangehörigen nachzufragen.
Folgerichtig war ein geeigneter Ort für einen Hungerstreik schnell gefunden: Die Eingangsterrasse vor dem Sudanesischen Kulturzentrum im Beiruter Stadtteil Hamra. »Ich fordere nicht nur von den libanesischen Behörden die Freilassung der Gefangenen, sondern auch von unserer Botschaft, dass sie sich für die Freilassung aktiv einsetzt. Gleichzeitig wird es Zeit, dass der Direktor des Kulturzentrums demokratisch gewählt wird.« Zumindest mit letzter Forderung hat sich Dr. Abdel Meneem durchgesetzt. Aufgeschreckt von der Berichterstattung um den Fall, hat die sudanesische Botschaft den amtierenden Direktor abgesetzt und für den kommenden Sonntag Neuwahlen der Position angeordnet.
Politischen Mühlen mahlen - aber nur langsam
Aber auch auf anderem Gebiet scheint der Hungerstreik Wirkung zu zeigen. So besuchte am Montag der Bürochef von Innenminister Ziad Baroud den Hungerstreikenden und drückte die Sorgen des Ministers um seinen Gesundheitszustand aus. Gleichzeitig versprach er, dass sich Baroud um die Freilassung der Gefangenen kümmern werde. Der Innenminister, der selber der Menschenrechtsszene entstammt, bat Meneem überdies inständig seinen Hungerstreik abzubrechen, was dieser aber ablehnte. »Ich habe Baroud meinen Dank und meine besten Grüße ausgerichtet und ihm mitteilen lassen, dass ich den Hungerstreik erst abbreche, wenn alle Gefangenen tatsächlich frei sind«, sagt der sichtlich gezeichnete Abdel Meneem.
Viele der libanesischen Menschenrechtsaktivisten die ihn in seinem Protest unterstützen, dachten nach dem Besuch aus dem Innenministerium, dass der Protest sein Ziel erreicht hätte. Die meisten gingen daher am Montagabend nach Hause. Aber der Hungerstreikende bekam an diesem Tag nicht vom Ministerium Besuch. Einige Polizeikräfte nutzten die Abwesenheit der Aktivisten und versuchten am Montagabend Meneem festzunehmen. »Ein Polizist hat mich dabei gefragt warum ich hier auf der Terrasse liege und nicht die Toiletten putze.“ erzählt Meneem im trockenen Tonfall.
»Wir konnten gerade noch rechtzeitig einige Journalisten rufen.“ sagt Ali. »Deren Kameras haben dafür gesorgt, dass die Polizei wieder von ihm abließ. Wir hatten wirklich Glück gehabt. Das war knapp!« Eine Festnahme unter fadenscheinigen Begründungen konnte also fürs Erste verhindert werden.
In den kommenden Tagen werden Ali und seine Freunde Meneem nun nicht mehr aus den Augen lassen und darauf hoffen, dass die 17 Gefangenen bald frei kommen und der Hungerstreik beendet wird.
Dennoch zeigt dieses Beispiel wie wenig die eine Hand des libanesischen Staatsapparat weiß, was die andere tut. Nur weil der Bürochef des Innenminister einem eine Besuch abstattet, heißt dass noch lange nicht, dass man vor Polizeiwillkür gefeilt ist. Rechtsicherheit sieht jedenfalls anders aus, aber dass wusste Dr. Abdel Meneem auch schon vorher.