04.01.2010
Die Rechnung kommt zum Schluss

Fast vergessen schien die sommerliche Eiszeit zwischen Schweden und Israel. Die im August veröffentlichte Ausgabe des schwedischen Tageszeitung hatte einen Beitrag eines freiberuflichen Journalisten abgedruckt, in dem es um Vorwürfe von Palästinensern ging, wonach toten Verwandten in Israel Organe gestohlen worden seien. Dieser Artikel löste eine schwere diplomatische Krise zwischen den beiden Ländern aus, die nun – zum Ende der schwedischen EU-Präsidentschaft – noch einmal für Furore sorgte.


Israel beklagt mangelnde Fairness
Wie die israelische Tageszeitung Yedioth Ahronoth berichtete, hatte das israelische Außenministerium vergangene Woche die schwedische Botschafterin Elisabeth Borsiin Bonnie zu einem Gespräch geladen. Bei diesem Gespräch wurde ihr „mangelnde Fairness ihres Landes gegenüber Israel mit aller Schärfe vor Augen geführt“, so die Zeitung. Der stellvertretende Generaldirektor für Westeuropa, Naor Gilon, sagte: „Die Einseitigkeit Schwedens in seiner Amtszeit als EU-Präsident führte dazu, dass die israelische Öffentlichkeit die EU nicht mehr als objektiven Faktor betrachtet.“ Mit dieser Aussage steht er in Israel durchaus nicht allein, was jedoch den konkreten Fall Aftonbladet betrifft sehr wohl. Betrachtet man die Zeitungsberichte aus dem August vergangenen Jahres, so ist unübersehbar, dass alle Tageszeitungen die Berichterstattung zwar kritisierten, um dann aber im selben Atemzug die eigene Regierung an den Pranger stellten. Allen voran die linksliberale Haaretz.
Kritik der jüdischen Gemeinde in Schweden
Weder ergriff sie die rhetorische Keule gegen die Regierung noch lies sie sich von Avigdor Liebermanns Vergleich, der Artikel sei äquivalent zu dem „Protokoll der Weisen von Zion“ein – stattdessen gab man der jüdischen Gemeinde in Schweden das Wort: „Die israelische Reaktion war sehr harsch und hat zu einem diplomatischen Sturm geführt“, sagte Lena Poser, die Präsidentin der jüdischen Gemeinde. „Auf der einen Seite ist es nachvollziehbar. Auf der anderen Seite begeht man durch die Anschuldigungen einen Fehler: Anstatt die Geschichte zu widerlegen, werden nun alle anderen schwedischen Zeitungen die Redefreiheit dadurch unterstützen, indem sie das Aftonbladet zitieren und ausführlich darüber berichten.“
Liebermann im Abseits
Neben diesem Artikel der Haaretz verurteilte selbst das Massenblatt Yedioth Ahronoth die aggressive Haltung des eigenen Außenministers: „Israel muss in Schweden tatsächlich harte und nicht immer faire Kritik einstecken, und der Artikel in der Aftonbladet war schlechthin gemein, Journalismus von der miesesten Sorte. Aber die Kampagne, die Israel nun gegen Schweden führt, ist völlig übertrieben. Es ist eine Kampagne auf niedrigem Niveau, die wieder einmal zeigt, dass der Außenminister in Netanjahus Regierung nur interne Interessen vor Augen hat- seine eigenen internen Interessen.“ Und weiter: „Die israelische Regierung hätte eine Verleumdungsklage gegen die schwedische Zeitung einreichen können. Sie hätte eine große Annonce in den schwedischen Medien aufgeben und dort die wahren Umstände erklären können. Stattdessen fordert sie, dass die schwedische Regierung die Zeitung verurteilt. Das ist eine gefährliche Forderung. Denn anstatt den Journalisten auf die Anklagebank zu stellen, machte sie ihn zum Märtyrer in seinem Lande. Jetzt könnte diese Forderung zum Bumerang werden. Morgen könnte sich die eine oder andere Regierung über eine Veröffentlichung in einer israelischen Zeitung ärgern und dann die israelische Regierung dafür verantwortlich machen.“