Der erste Auftritt des gestürzten irakischen Staatschefs Saddam Hussein vor einem irakischen Gericht hat im Nahen Osten wenig Mitgefühl erzeugt. Dennoch betrachten die meisten Araber, die den ersten Verhandlungstag in den arabischen Nachrichtensendern al-Jazeera oder al-Arabiyya verfolgten, das Verfahren als US-gesteuerte Siegerjustiz.
So erklärte Mohammad Abdullah Majrashi 56-jähriger Pensionär aus der saudischen Hafenstadt Jiddahgegenüber der britischen Nachrichtenagentur Reuters: "Jeder weiß, dass der Prozess von Amerika gesteuert wird, aber die Wahrheit muss aufgedeckt werden." Ähnlich äußerte sich Mohamed Mahmoud, 27, Buchhändler aus Kairo.: "Das arabische Volk mag Saddam nicht. Er sollte verurteilt werden, weil er sein Volk unterdrückt hat. Dennoch ist das ein amerikanischer Prozess."
Viele Araber hegen Zweifel an der Unvereingenommenheit des Gerichts. Sie glauben nicht, dass ein irakisches Gericht unter US-amerikanischer Besatzung frei urteilen wird. Aus ihrer Sicht ist der Prozess trotz aller Verbrechen des Ex-Diktators Resultat einer unrechtmäßigen Besatzung arabischen Bodens. Lulwa al-Qadi, Graphiker aus dem Golfstaat Qatar, meint: "Saddam sollte verurteilt werden, aber ich bin sicher, dass er keinen fairen Prozess bekommen wird. Sein Schicksal ist bereits in Washington entschieden worden."
Zusätzliche Nahrung bekommen diese Meinungen durch die Tatsache, dass ein Richter kurdischer, und damit nicht arabischer Abstammung, über das Schicksal Saddam Husseins urteilen wird. Gerade die Kurden haben in der Vergangenheit besonders eng mit den Amerikanern zusammengearbeitet, was in der arabischen Welt mit Argwohn beobachtet wird.
Anders fallen die Reaktionen in den irakischen Nachtbarstaaten Kuwait, und dem nicht mehr zur arabischen Welt gehörenden Iran aus. Beide Staaten waren vom Irak unter Saddam Hussein angegriffen worden. "Ich bin überglücklich über den Beginn des Prozesses gegen den Tyrann Saddam Hussein. Ich freue mich darauf zu sehen wie ihm zunächst irdische und später himmlische Gerchtigkeit wiederfahren wird.", so Abdulrahman al-Humaidan, Chef des kuwaitischen Rechtsanwaltsverbandes gegenüber der Tageszeitung al-Ray al-Aam. Ähnlich ist die Stimmung im Iran der in einen acht Jahre dauernden blutigen Stellungskrieg mit der Irak verwickelt war. Der 53-jährige Iraner Zohreh Zarandi gegenüber Reuters: "Mein Bruder war 19, als er von den Irakis getötet wurde. Von diesem Tag habe ich seitdem geträumt. Ich wünschte sie ließen mich Saddam mit meinen eigenen Händen umbringen"
19.10.2005
Kein Mitleid für Saddam, aber Zweifel an einem fairen Prozess in der Arabischen Welt