07.01.2006
Marokko: König Mohammed zieht Konsequenzen aus Menschenrechtsvergehen


Marokkos König Mohammed hat gestern angekündigt, Wiedergutmachung für Menschenrechtsverstöße, die unter der Herrschaft seines Vaters Hassan II begangen wurden, leisten zu wollen. In einer Fernsehansprache an die Nation erklärt er, es ginge ihm um eine "greifbare Demonstration" seiner "starken Unterstützung für die Wahrung von Wahrheit, Rechtmäßigkeit und Versöhnung." Dies bedeute allerdings nicht, "dass wir unsere Vergangenheit vergessen sollten, denn Geschichte kann nicht vergessen werden."
Im Mittelpunkt seines Vorhabens stehe "eine institutionelle Reform, die unserem Land helfen wird, sich von den Missständen der Vergangenheit auf den Feldern der politischen und staatsbürgerlichen Rechte zu lösen."
Der König kündigte an, den Beratenden Rat für Menschenrechte (CCHR) mit der vollständigen Umsetzung der Vorschläge, die ein vom König eingesetzter "Versöhnungsrat" (IER) im November 2005 vorgelegt hatte, betrauen zu wollen. Der "Versöhnungsrat" wurde 2003 vom König beauftragt, Menschenrechtsverstöße, darunter Morde, Folterungen und das Verschwinden von Regimegegnern in der Amtszeit Hassan II von 1960 bis 1999 zu untersuchen. Er beschäftigte sich mit 16000 Fällen, von denen mehr als 9000 eine Entschädigung erhalten sollen. Außerdem konnte das Schicksal von 593 vermissten Personen aufgeklärt werden.
Die Einsetzung dieser Kommission durch den König, die unter anderem zur Öffnung mehrerer Massengräber führte, ist bisher einmalig in der Arabischen Welt. Angeführt wurde der IER von Driss Benzekri, einem der ehemals bekanntesten politischen Häftlingen in Marokko. Die Leser einer marokkanischen Wochenzeitschrift wählten Benzekri im erst kürzlich noch vor dem König zum einflussreichsten Mann des Landes. Im Abschlussbericht schlug er unter anderem eine Verfassungsänderung vor, die eine Gewaltenteilung sowie die Unabhängigkeit der Jusitiz sicherstellen solle. Diese Vorschläge sollen nach dem Willen des Monarchen nun schnellstmöglich umgesetzt werden.
Eine förmliche Entschuldigung Mohammeds für die Verbrechen seines Vaters, der im Westen als verlässlicher Verbündeter galt, ist bisher ausgeblieben. Es wird erwartet, dass der König für diese Aufgabe seinen Premierminister Driss Jettou vorschickt.