07.03.2019
Aufgehorcht - Ein WANA Mixtape zum Internationalen Frauentag

Sich Gehör zu verschaffen ist Teil des Kampfes um Gleichberechtigung. In Vorbereitung auf den 8. März stellt euch alsharq deswegen einige Sängerinnen und Musikerinnen aus den WANA-Ländern und der Diaspora vor.

Dieser Text ist Teil der Serie Aufgehorcht. Darin stellen wir euch anlässlich des Internationalen Weltfrauentags am 8. März Einzelpersonen, Initiativen und NGOs aus der WANA-Region vor, die an den bestehenden Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern rütteln. Alle Texte der Serie findet ihr hier.

Sama – Europa / Palästina

Mit den Turntables um den Globus: Die Techno-DJane wurde 1990 in Jordanien geboren und wuchs in Ramallah auf. Weil man dort mit ihrer Musik nicht viel anfangen konnte, suchte sie zunächst Inspiration im israelischen Haifa, studierte Tontechnik und Musikproduktion in London und zog dann ins ägyptische Kairo. Zuletzt lebte sie in Paris. Das folgende Set wurde allerdings in Baku, Aserbaidschan aufgezeichnet:

Noura Mint Seymali – Mauretanien

Mit der Musik ihrer Eltern aufgewachsen, folgte Noura Mint Seymali der Familientradition und wurde Griotte – eine musikalische Storytellerin. Sie selbst spielt die Ardine, eine neunseitige Harfe, und tourt als Frontfrau der nach ihr benannten, spirituell-psychodelischen Band mittlerweile durch die ganze Welt.

Hiba Elgizouli - Sudan

Die sudanesische Sängerin schreibt Sisterhood groß – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn an ihrem Video für die Single “Rival” arbeiteten ihre Schwestern Mai und Sally mit. Auf ihren Webkanälen hält Hiba Elgizouli ihre Fans nicht nur über ihre musikalische Karriere auf dem Laufenden, sondern äußert sich auch zu den aktuellen Protesten in ihrem Heimatland.

Sevdaliza – Niederlande / Iran

Als Sevda Alizadeh a.k.a. Sevdaliza vier Jahre alt war, flohen ihre Eltern 1991 mit ihr aus dem Iran in die Niederlande. Zunächst wollte sie dort Profibasketballerin werden. Zum Glück kam es anders. Sonst wäre uns ihre einnehmende Stimme, die sie mit elektronischen und persischen Klängen unterlegt, sowie ihre futuristisch anmutenden Videos vorenthalten geblieben.

Gal Paz – Israel

Ihr erstes Album nahm die Tel Aviver Sängerin in Hebräisch auf. Dann fand sie aber, dass Englisch besser zu ihrem von den 1960er inspirierten Rocksound passt. Stimmlich irgendwo zwischen Janis Joplin und Amy Whinehouse, macht sie mit ihrer The Paz Band von sich reden.

Soultana – Marokko

Die Grand Dame des marokkanischen Rap aus Casablanca begann ihre Musikkarriere bereits im Alter von 13 Jahren. Sie produziert immer noch neue Musik, veröffentlichte ihren bekanntesten Song „Sawt Nssa“ (Die Stimme der Frauen) über eine Sexarbeiterin aber bereits 2010. Obwohl sie in ihren Texten immer wieder soziale Probleme thematisiert, kritisiert sie einen Mann nie: König Mohammed IV.

Aynur Doğan – Niederlande / Türkei

2005 war die alevitisch-kurdische Künstlerin in Fatih Akins Musikdokumentation “Crossing The Bridge – The Sound of Istanbul” zu sehen. Zehn Jahre später verließ Aynur Doğan die Türkei. Geschadet hat es ihrer Karriere nicht, die sie nun in der Diaspora und internationalen Musikwelt fortführt. Auch wenn ihre Musik dabei traditionell ist, kritisiert sie darin verstaubte Rollenbilder und trägt damit zum modernen kurdischen Selbstverständnis bei.

Tamtam – USA / Saudi Arabien

Was haben Michael Jackson und Fayrouz gemeinsam? Sie sind die beiden größten Vorbilder von Sängerin Tamtam. Geboren und aufgewachsen ist sie in Riad und zog als Jugendliche in die USA. Während Tamtams Gesicht im Video zu ihrer soul-lastigen Debütsingle “Little Girl” nur verschwommen zu sehen war, trat sie in “Gender Games” endgültig vor die Kamera. Auch musikalisch hat sich die Sängerin gewandelt: Ihr aktuelles Lied “Rise” ist eine Popnummer mit Trapeinflüssen.

Tala - Libanon

Aus dem Nachtleben Beiruts nicht mehr wegzudenken - Art-Direktorin und DJane Tala (Mortada). Sie ist der lebende Beweis, dass sich Clubkultur und soziales Engagement nicht ausschließen: Im angesagten Technotempel The Grand Factory macht sie etwa auf die Müllkrise aufmerksam oder ruft zum Spenden von Kleidung für syrische Geflüchtete auf.

Oum Saleh – Ägypten

In einem kleinen Kulturzentrum im Kairoer Stadtteil Mounira zieht sie das Publikum jeden Mittwoch in ihren Bann: Oum Saleh, Frontfrau der ägyptischen Zar-Band Mazaher. Zar ist eine von Frauen dominierte, oral weitergebene Musikform, die in Ostafrika, dem Sudan und im südlichen Ägypten verbreitet ist. Ziel der Musik ist es, mithilfe religiöser Texte das innere Seelenheil der Zuhörer*innen wiederherzustellen.

Djazia Satour – Frankreich / Algerien

Stiltechnisch ist die Musikerin ein wahres Chamäleon: Ob Soul, Folk oder Elektro; ob Englisch oder Arabisch - Djazia Satour, die in Algerien geboren wurde und seit 1990 in Frankreich lebt, scheint immer den richtigen Ton zu treffen.

Amani Yahya – USA / Yemen

Amani Yahya, die in ihren Songs immer wieder die Rechte von Mädchen und Frauen thematisiert, floh vor dem Krieg im Jemen in die USA. Als Influencerin postet sie laut ihrem Instagram-Account über die „drei großen F’s“: Feminism, Fashion, Food.

Googoosh – USA / Iran

Auch eine Musik- und Schauspielikone darf in dieser Liste nicht fehlen: In den 1960er und 70er Jahren in den heimischen Pop-Olymp aufgenommen, setzte die Iranische Revolution 1979 der Karriere von Faegheh Atashin alias Googoosh ein jähes Ende. Nach 21 Jahren im inneren Exil und ohne öffentliche Auftritte, verließ die Sängerin den Iran im Jahr 2000 und feierte in der Diaspora ihr Comeback. Bis heute aktiv, zog Googoosh 2014 mit ihrem Video Behesht (Himmel) einigen Zorn auf sich. Darin ist ein lesbisches Paar und der Schriftzug “Freedom to Love for All” zu sehen.

Mona Haydar – USA / Saudi Arabien / Syrien

Kontrovers wurde auch Mona Haydars Video zu “Hijabi (Wrap My Hijab)” von 2017 diskutiert. Darin setzt sich die damals schwangere Sängerin und Aktivistin zusammen mit anderen Hijab-tragenden Musikerinnen und Tänzerinnen gegen Islamfeindlichkeit und für Selbstbestimmung ein. Politisch ist auch der Text ihres letzten Tracks “Barbarian”, mit dem sie Schönheitsnormen dekolonisieren möchte.

Nur – Jordanien

Unaufgeregter geht es hingegen bei der jordanischen Sängerin Nur zu, deren verträumte Stimme abwechselnd zu Gitarren – und Elektromusik singt.

Aryana Sayeed – Afghanistan / Türkei / England

Geboren in Kabul und aufgewachsen in der Schweiz, ging Aryana Sayeed vor acht Jahren zurück nach Afghanistan, um dort ihre Karriere als Sängerin zu starten. Heute ist sie ein gefeierter Popstar und viel kopierte Modeikone, die zwischen Istanbul, London und Kabul hin und her jettet. Der Kritik religiöser Fundamentalisten zum Trotz macht sie sich in vielen ihrer Lieder für Frauenrechte stark.

Maryam Saleh – Ägypten

Sie ist die wohl bekannteste Indie-Sängerin aus Oum El-Dounya und arbeitet regelmäßig mit anderen Künstler*innen zusammen. So auch im Fall des Albums “Lekhfa”, das Maryam Saleh 2018 gemeinsam mit Maurice Louca und Tamer Abu Ghazaleh veröffentlicht hat.

Alsarah – USA / Sudan

Wie die bereits erwähnte Hiba Elgizouli, unterstützt auch die Sängerin (die solo oder mit ihrer Band Alsarah & the Nubatones auftritt), die aktuellen Proteste im Sudan gegen Omar Al-Bashir. Vor dem späteren Diktator waren Alsarahs Eltern 1989 mit ihr in den Jemen geflüchtet. Im Zuge des dortigen Bürgerkriegs, verließ die Familie 1994 das Land wieder und floh in die USA. Trotz all dieser Umbrüche besinnt sich Alsarah in ihrer Musik immer wieder auf ihre nubisch-sudanesischen Wurzeln.

A-WA – Israel

Mit ihrer Mischung aus traditionellen jemenitischen Volksliedern und elektronischen Klängen, machten die drei Schwestern aus Israel 2015 und mit ihrem Song “Habib Galbi” auf sich aufmerksam. Neben ihrer vielschichtigen Identität und Musik, macht die Band auch regelmäßig mit ihren ausgefallenen und farbenfrohen Outfits von sich reden.

Theresa ist freie Reporterin und Fotojournalistin mit Fokus Westasien und Nordafrika. Sie hat in Marbug, Kairo und Lund studiert, sowie eine Ausbildung an der Reportageschule Reutlingen absolviert. Seit November 2019 ist sie die Koordinatorin des dis:orient-Magazins.
Redigiert von Andi Vogl, Julia Nowecki