24.08.2021
„Jahrzehntelanger anti-kurdischer Rassismus trägt Früchte“
Die Vortragsreihe blickt kritisch auf die WANA-Protestbewegungen von 2010/2011 zurück. Grafik: Maryna Natkhir
Die Vortragsreihe blickt kritisch auf die WANA-Protestbewegungen von 2010/2011 zurück. Grafik: Maryna Natkhir

Im Interview spricht die Wissenschaftlerin Dastan Jasim über die kurdischen Kämpfe im Irak und Syrien und erklärt, warum Kurd:innen sich von anderen Kämpfen im „arabischen“ Frühling emanzipierten.

Dastan Jasim ist Doctoral Fellow am German Institute for Global and Area Studies in Hamburg und promoviert zum Thema politische Kultur von Kurd:innen im Irak, Iran, Syrien und Türkei. 2019 arbeitete sie an der Amerikanischen Universität Irak - Sulaimaniya als Gastwissenschaftlerin beim Center for Gender and Development Studies. Für das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktstudien sammelt sie zudem seit drei Jahren Daten zu den Kurdenkonflikten im Irak und in Syrien.

Die überregionale Hochschulgruppe KIARA (Kritische Islamwissenschaftler*innen und Arabist*innen) setzt sich kritisch mit Theorie und Forschung zu WANA auseinander und organisiert dafür die aktuelle Vortragsreihe „10 Jahre sogenannter Arabischer Frühling“. Im Rahmen einer Kooperation zwischen KIARA und dis:orient werden hier ausgewählte Beiträge zu den Veranstaltungen veröffentlicht.

Was haben die arabischen und kurdischen Kämpfe im „arabischen“ Frühling gemein?

Im Allgemeinen ging es beim „arabischen“ Frühling um Verteilungskämpfe. Die Demokratisierungsfrage ist ein Teil dieser Kämpfe, weil diese staatsmonopolistischen und autoritären Systeme so aufgebaut sind, die Normalbevölkerung auszubeuten. Und das von Unternehmen, einzelnen Boss:innen und Politiker:innen, die sich gegenseitig unterstützen.

Vieles davon bewegt die Kurd:innen natürlich auch. Zweifelsohne ist es so, dass gerade die Kurd:innen im Irak in den letzten Jahren immer wieder mit Finanzkrisen und wirtschaftlich schwierigen Situationen konfrontiert waren. Die dortigen Proteste waren daher sehr stark von Themen wie Umverteilung und Korruption geprägt. Für die Kurd:innen in Syrien gilt das auch, weil sie vor allem in den ländlichen Gebieten im Nordosten des Landes leben und im Agrarsektor tätig sind. Der euphemistische Begriff „Kornkammer Syriens“, der in Bezug auf diese kurdisch besiedelte Region immer wieder fällt, täuscht über die extremen Ausbeutungsverhältnisse, über die Leibeigenenverhältnisse hinweg, in denen sich die Kurd:innen dort befinden.

Worin unterscheiden sich die kurdischen Forderungen?

Die Kämpfe der Kurd:innen unterscheiden sich von ihren arabischen Pendants, weil sie als Kurd:innen eine besondere Unterdrückungsgeschichte haben. Bei der Beschreibung dieser Unterdrückungspolitik, möchte ich weniger in das Identitätspolitische gehen. Mich interessiert eher, was der Sinn von gewissen Unterdrückungsstrukturen ist und welche sozialen Proteste sie mit sich bringen.

Können Sie das erläutern?

Schauen wir nach Syrien: Ein Großteil der kurdischen Bevölkerung wurde dort ihrer Staatsbürgerschaft beraubt oder hat erst gar keine bekommen. Das zieht sich durch die Generationen, denn diese Statuslosigkeit ist vererbbar. Hinzu kommt, dass in den kurdischen Gebieten kein gezielter infrastruktureller Ausbau geleistet wurde. Die Menschen mussten also in ihren Orten bleiben, als Tagelöhner:innen arbeiten. Dadurch, dass vielen Kurd:innen der Zugang zu den Großstädten wie Aleppo und Damaskus verwehrt blieb, hatten sie auch keinen Zugang zu weiterführender oder universitärer Bildung. Das führte zur Aufrechterhaltung der Ausbeutungsverhältnisse aus denen sich diese Kurd:innen nicht befreien konnten.

Zwar werden Kurd:innen auf der Basis ihrer Ethnizität unterdrückt, aber nicht als Mittel zum Zweck: In den Ländern, in denen sie leben – Iran, Irak, Türkei und Syrien – bewohnen sie strategisch wichtige Gebiete. Hier fließen Euphrat und Tigris, gerade der Euphrat war im Rahmen des Kampfes gegen den sogenannten Islamischen Staat vermehrt Thema. Wir sprechen von einer rohstoffreichen, landwirtschaftlich günstig gelegenen Region. Hier wird seit Jahrtausenden Handel betrieben und in ihr befinden sich sehr wichtige Grenzübergänge.

In Syrien werden die Kurd:innen kapitalistisch ausgebeutet, auf rassifizierter Basis unterdrückt. Davon und von der kolonialistischen Unfreiheit, die sie zunächst durch Großbritannien und Frankreich und in den 1930/40er Jahren von den neugegründeten Staaten wie Syrien erfuhren, versuchten sich die Kurd:innen 2012 zu befreien.

Wie sieht das im Irak aus? Immerhin leben die Kurd:innen dort weitestgehend selbstverwaltet.

In der Kurdistan-Region im Irak ist diese „Phase“ in gewisser Weise schon überwunden. Das liegt daran, dass es die dortigen Kurd:innen 1991 geschafft haben, die de-facto Autonomie zu erreichen. Sie haben ihre Chance ergriffen, als Saddam Husseins Irak durch den Einmarsch in Kuwait und durch Operationen wie „Desert Shield“[1] geschwächt war.

Im Anschluss daran kam es zu internen kurdischen Machtkämpfen in der Autonomieregion. Es wäre aber falsch, diese Auseinandersetzungen als ausschließlich innerkurdisch zu betrachten, denn sie sind Ausdruck der geopolitischen Realitäten: Für die Türkei beispielsweise stand außer Frage, eine autonomische kurdische Region direkt an ihrer Grenze zu erlauben, genauso wenig wie sie das heute in Nordsyrien zulässt. Ankara überlegte sich ganz genau, wie es die kurdische Autonomie im Irak möglichst flach halten konnte. Die Türkei arbeitete mit den kurdischen Parteien und nutzte Konflikte zwischen diesen Gruppen und mischte sich auch in den Bürgerkrieg ein.

Bis heute geht es für die Kurd:innen im Irak darum, ihre Autonomie zu verteidigen – nicht nur gegen türkische Drohnen sondern immer wieder auch gegen iranische Angriffe. Gleichzeitig gibt es eine eigene Zweiklassengesellschaft innerhalb der Autonomieregion Kurdistans, in der sich die gesamte Macht auf zwei Parteien konzentriert. Große Einschnitte in die Pressefreiheit und Menschenrechtsverletzungen gehören unter diesen Parteien zum Alltag. Gegen all das lehnen sich die Kurd:innen im Irak auf.

Der Begriff und das Narrativ um den „arabischen“ Frühling steht in der Kritik, weil er die vielfältigen gesellschaftlichen Realitäten in WANA ausblendet. Kann man gleichzeitig angesichts der unterschiedlichen politischen Rahmenbedingungen im Irak und Syrien überhaupt von den kurdischen Kämpfen sprechen?

Gerade der Kampf gegen Ausbeutung und rassifizierte Unterdrückung eint diese Kämpfe sehr stark. Aber die unterschiedlichen Entwicklungsstufen haben einen großen Einfluss, ebenso wie die Tatsache, dass die Kurd:innen im Irak seit 1991 autonom sind. Insbesondere 2011 ging es daher sehr viel um Reformen, konkrete Gesetze, institutionelle Änderungen und parlamentarische Kontrolle. Trotz aller autoritärer Rückschläge wirkt hier immer noch ein parlamentarisches System. Ein Beispiel für diesen reformistischen Protestweg ist die oppositionelle Goran-Partei, die 2011 sehr stark engagiert war.

In Syrien zeichnet sich ein gänzlich anderes Bild: Bürgerkriegskontext, de-facto Einparteienstaat. Insbesondere seit dem Aufkommen des IS befinden sich die Kurd:innen in Syrien im Widerstand. Kaum jemand lebt mehr in „normalen“ Verhältnissen. Die Menschen sind Binnenvertriebene, leben in Camps, in ihnen fremden Städten oder anderen improvisierten Lebensumständen und sind ständig unterwegs. Das spiegelt sich entsprechend auch im Charakter des dortigen Widerstands wider, der vom permanenten Kriegsmodus geprägt ist.  

Gleichzeitig führte dieser extreme Kontext auch dazu, dass die Kurd:innen den Weg eines alternativen Systementwurfs eingeschlagen haben, der auf den Schriften Abdullah Öcalans basiert.

Für wie realistisch halten Sie die langfristige Umsetzung dieses System- und Gesellschaftsentwurfs unter den gegenwärtigen Bedingungen?

Ob Rojava langfristig erfolgreich sein wird oder dasselbe Schicksal erleidet, wie Bestrebungen von sozialistisch ausgerichteten kurdischen Parteien wie im Irak der 1980/90er Jahre, bleibt abzuwarten.

Der in Nordsyrien angestrebte Systemwechsel steht auf jeden Fall in starkem Kontrast zur Situation im Irak. Die Goran-Partei, die mittlerweile Teil der Regierung ist, wird jetzt als Teil des Establishments gesehen und von vielen als zu reformistisch kritisiert. Eine Abgeordnete der Partei selbst hat mir erklärt, dass die Menschen 2011 Reformen wollten, heute aber eine Revolution. Vielleicht werden sich die kurdischen Kämpfe im Irak und Syrien letztendlich auch hier annähern, weil in den jüngsten Protesten in der Autonomieregion immer öfter ein grundsätzlicher Systemwechsel gefordert wird.

Seit den anfänglichen Aufständen 2011 ist jetzt ein Jahrzehnt vergangen. Gibt es Kontinuitäten in den Forderungen der Protestierenden? Welche Gruppen tragen heutzutage die kurdischen Kämpfe im Irak und Syrien aus?

Die 2011 noch sehr präsente Goran-Partei betreibt heute genau die gleiche Politik wie jene Parteien, gegen die sie damals protestiert hat. Damals waren es vor allem Beamt:innen und Gewerkschaften, die mobilisiert und die Proteste getragen haben. Die aktuelleren Proteste kommen von Teenager:innen und jungen Menschen ohne Perspektive. Viele haben trotz Schulabschluss keine Aussichten auf ein würdevolles Leben, oft arbeiten sie im deregulierten Privatsektor und sind dort Ausbeutung und Schikane ausgesetzt. Dementsprechend radikaler sind ihre Forderungen. Auch die Antwort der Regierenden fiel skrupelloser und blutiger aus: Mit Panzern, Barrikaden, Ausgangssperren gingen sie gegen die Protestierenden vor, von denen viel mehr ums Leben kamen als 2011.

Die Proteste 2011 in Syrien waren auf jeden Fall eine Massenbewegung. Aber die Fluchtbewegungen aus Syrien heraus hatten auch Einfluss auf die Struktur der Proteste. Eine Flucht muss man sich leisten können, auf nationaler Ebene waren es wohlhabendere Bevölkerungsteile, die flüchten konnten. Die im Land zurückgebliebenen sind ergo Menschen aus ärmeren Schichten. Sie durchliefen einen enormen Organisierungsprozess, bauten kommunale Strukturen, die sie auch vor dem IS verteidigten.

Das ist eine interessante Entwicklung, die auch dazu führte, dass die klassische Unterteilung in akademisch/nicht-akademisch aufgelöst wurde. Dadurch, dass die Kurd:innen in Syrien sich theoretisch mit einem neuen Gesellschaftsentwurf  befassten, bildeten sich Menschen, die vorher keine akademische Bildung genossen hatten, auf einem alternativen Weg weiter.

Dastan Jasim promoviert zum Thema politische Kultur von Kurd:innen. Foto: Privat

Wie werden die kurdischen Kämpfe aus arabischer Perspektive eingestuft?

Länder wie Syrien leben vom arabischen Nationalismus. Wenn syrische „Normalbürger:innen“ in die Opposition gehen, wird nicht in Frage gestellt, ob sie Teil des Landes sind. Der jahrzehntelange anti-kurdische Rassismus trägt auch in der Diffamierung kurdischer Kämpfe seine Früchte: Kurdische Kräfte werden als andersartig, Kurd:innen als Spion:innen und Kollaborateur:innen geframt und ihnen wird ihre Unterdrückungserfahrung abgesprochen.

Wieso gehen die kurdischen Kämpfe im „arabischen“ Frühling unter?

Das Schwierige daran im Kontext des „arabischen“ Frühlings ist, dass es weniger medienwirksam und damit weniger einprägsam ist als Tahrir. Der „arabische“ Frühling ist das Bild von großen Plätzen, von Menschen auf den Straßen, die alle ein Ziel haben: Diktator XY soll zurücktreten. Das verkauft sich besser, das lässt sich besser zeigen und abdrucken.

Die Situation der Kurd:innen lässt sich nicht so medienwirksam darstellen: Kurd:innen, die als Minderheit, kapitalistisch und auf Genderbasis unterdrückt werden und dann auch noch unter innerkurdischen Machtverhältnissen leiden, die wiederum aufgrund von Geopolitik mit Staaten wie der Türkei, den USA oder dem Iran kooperieren? Das ist einfach viel zu kompliziert für viele und leider spielt auch eine gehörige Portion antikurdischer Rassismus eine Rolle.

Das zeigt sich etwa in der Auswahl der Ansprechparter:innen: Bei Policy-Gesprächen bestimmen beispielsweise Verteter:innen der Syrischen Nationalen Armee den Diskurs und negieren antikurdischen Rassismus und brandmarken die Kurd:innen als Verräter:innen, die sich geweigert hätten, sich der Opposition anzuschließen. Damit beeinflussen sie das Narrativ über die kurdischen Kämpfe. 2012/2013 fehlte auch in europäischen linken Kreisen das Verständnis. Man fragte sich, warum die Kurd:innen sich nicht einfach der arabischen Opposition anschließen. Viele Menschen nahmen kaum wahr, dass eine Anti-Assad-Einstellung nicht zwangsweise einherging mit linken und emanzipatorischen Inhalten.

2016 trat das deutlich zu Tage, als große Teile der Freien Syrischen Armee die türkischen Angriffe auf Manbidsch unterstützte, damit zu Proxys der Türkei wurden oder sich dem IS anschlossen beziehungsweise später in den Reihen der Terrororganisation Hayat Tahrir al-Sham kämpften. Diese Realitäten kann man nicht aussitzen mit dem Mantra „Wir sind alle gegen Assad“.  Die Kurd:innen wollen demokratischen linken Wandel, Selbstbestimmung, Dezentralisierung und vor allem Beteiligungsrechte für alle Minderheiten.

Syrien ist zehn Jahre nach Ausbruch des Bürgerkriegs immer noch nicht befriedet, im Irak ist anfängliche Euphorie in Verbitterung über Korruption und Klientelwirtschaft umgeschlagen. Worin bestehen positive Entwicklungen und Errungenschaften der kurdischen Kämpfe seit 2011?

Die Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) kontrollierten nach dem Kampf gegen den IS Gebiete, die mehrheitlich arabisch sind, etwa Städte wie Rakka. Das hat dazu geführt, dass sich diese linksausgerichtete Guerilla mit Stammesältesten auseinandersetzen musste, die das Recht auf Mehrfrauenehe und ähnliches einforderten. In den vom IS befreiten arabischen Gebieten griffen auch arabische Frauen zu den Waffen und organisierten sich nach kurdischem Vorbild in Frauenverteidigunseinheiten (YPJ). Im Bereich Genderfragen konnten die kurdischen Kräfte sehr viel ausrichten und Diskussionen anstoßen.

Ich denke auch, dass ein Teil des Misstrauens, das gezielt von der syrischen Regierung gegen Kurd:innen geschürt wurde, verschwunden ist. Gegen diese Annäherung geht die syrische Armee vor, indem sie Flugblätter über von SDF kontrollierte Gebiete abwirft auf denen Drohungen gegen „Kollaborateur:innen“ stehen. Eine Versöhnung soll mit allen Mitteln verhindert werden, weil sie zu einem politischen System führen könnte, das explizit nicht auf arabisch-nationalistischen Prinzipien beruht. Ich sehe die großen Gewinne auf der Gender- und Demokratisierungsebene. Auch im Bereich ownership, also der von den Menschen vor Ort getragene gesellschaftliche Umbau, sehe ich Fortschritte.  

Und im Irak?

In der Autonomen Region Kurdistan zeichnet sich aktuell eher ein düsteres Bild: In den Jahren 2011/12 gab es eine positive Entwicklung hin zu mehr oppositionellem Journalismus, einer starken parlamentarischen Opposition und der Organisierung der Jugend. Heute wird das Klima zusehends autoritärer: Angriffe auf Meinungs- und Pressefreiheit, das Gerichtsurteil gegen die Badinan-Aktivisten[2], die gewaltsame Unterdrückung der Proteste 2020 zeugen davon.

Wie Geopolitik und innenpolitische Unterdrückung sich überschneiden, zeigt sich an der kurdischen Unterstützung Ankaras bei Angriffen auf PKK-Stellungen in den Kandil-Bergen. Die PKK, die YPG und alle der Ideologie von Abdullah Öcalan zugewandten Organisationen, haben in den letzten zehn Jahren enorm an Beliebtheit innerhalb der Opposition der Autonomieregion gewonnen. Die kurdische Regierung agiert für den eigenen Machterhalt als Stellvertreterin türkischer Interessen, weswegen die Türkei niemals zulassen würde, dass die Barzani-Familie oder andere einflussreiche Familien durch eine demokratische Opposition ersetzt würden. Da die Türkei NATO-Mitglied ist, werden auch die USA und andere NATO-Länder kein Interesse an einem nachhaltigen Systemwandel in der Autonomieregion haben.

Gibt es seit 2011 ein geschärftes Bewusstsein in Europa für die Vielfalt und die Komplexität von politisch-gesellschaftlichen WANA-Realitäten, wie sie etwa Kurd:innen darstellen?

Ich bin skeptisch. Letztes Jahr gab es einen schwerwiegenden, sehr international geführten Kampf in Arzach in Armenien. Weder die Medien noch die progressiven Bewegungen in Deutschland konnten sich positionieren, weil ihnen das Verständnis und das Wissen fehlte. Von diesem Fall ausgehend sehe ich keine entsprechende Entwicklung. Alles, was über die herrschenden Gruppen, Araber:innen, Türk:innen und Perser:innen, hinausgeht, fällt bei der Betrachtung des „arabischen“ Frühlings unter den Tisch. Das ist schade. Gerade in Marokko, Algerien und Libyen waren es doch die Imazighen die die Proteste getragen haben. Oppositionelle aus den Mehrheitsstrukturen in WANA haben immer noch nicht gelernt, wie man gesund mit Diversität umgeht, wie man Klassenkämpfe führen kann, ohne Menschen ihre spezifische Unterdrückungsgeschichte abzusprechen.

 


[1] Eine am 8. August 1990 seitens des US-Präsidenten George Bush lancierte Operation, um den Irak davon abzuhalten, nach Kuwait auch noch in Saudi-Arabien einzumarschieren.

[2] Die regimekritischen Journalisten Sherwan Sherwani, Eyaz Karam, Guhdar Zebari und die Bürgerrechtsaktivisten Shvan Saeed und Hariwan Essa wurden in einem Schauprozess zu sechsjährigen Freiheitsstrafen wegen Spionage und Gefährdung der staatlichen Einheit und Sicherheit verurteilt.

 

 

 

Filiz Yildirim studiert meistens das, was nicht im Modulhandbuch steht und das gerne auch mal am anderen Ende der Welt. Trotzdem befindet sie sich jetzt in ihrem letzten Mastersemester Konferenzdolmetschen mit den Arbeitssprachen Deutsch, Französisch und Englisch in Germersheim. Sie besitzt außerdem einen deutsch-französischen Bachelorabschluss...
Redigiert von Anna-Theresa Bachmann, Eva Garcke